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Nachhaltigkeit vs. Energieeffizienz

Über zehn Jahre lang habe ich jeden Kunden zu einem bezahlbaren, energiesparenden Haus beraten. Hier hat sich in den zehn Jahren die genaue Wortwahl immer wieder verändert, beginnend mit energiesparend, über energieeffizient bis zu energieautark im letzten Jahr. Beim Wort energieautark mussten wir dann noch den Zusatz „Meine Vision: Bezahlbare, energieautarke Häuser“ ergänzen, da wir nah dran, aber noch nicht ganz am Ziel waren. Unsere besonders energieeffizienten Häuser, die selbst auch durch eine Photovoltaikanlage Energie erzeugen, sogenannte Plusenergiehäuser, haben es geschafft bis zu 60 % energieautark zu werden. Unter Einbeziehung einer Optimierungsfunktion durch ein Smart Home System wäre in den nächsten Jahren sogar 70–80 % möglich gewesen.

Doch dann hat die aktuelle Regierung alle Zuschüsse gestoppt, kurzlebig für zwei Stunden wieder aufleben lassen und dann endgültig begraben, bis auf eine Option, der Stufe KFW Effizienzhaus 40 NH. Das NH steht für Nachhaltigkeit und bedeutet, dass zusätzlich zur Berechnung und Überwachung des Energieberaters, ein anerkanntes Nachhaltigkeitszertifikat benötigt wird. Aktuell gibt es dort für Wohngebäude drei Systeme (DGNB, BAU-IRN, Nah Woh), wovon aber nur die ersten beiden für kleinere Wohngebäude mit bis zu 5 Wohneinheiten zulässig sind. Das dritte System ist erst ab 6 Wohneinheiten möglich. Damit es noch komplizierter wird, benötigt man neben dem Energieausweis und dem Nachhaltigkeitszertifikat auch noch ein Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG), dies wird vom Bauministerium erteilt, wird aber von den zuvor genannten Nachhaltigkeitssystemen mitübernommen, dass dieser Nachweis ebenfalls erbracht wird.

Somit habe ich mich nun nach über 300 Effizienzhäusern, die ich in den letzten zehn Jahren beraten, kalkuliert und gebaut habe, auf die Reise begeben. Um mich weiterzubilden und zu lernen, was der Unterschied zwischen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ist und wie wir zukünftig bauen sollten. Aber auch, ob es noch eine Möglichkeit gibt, Anreize, also Zuschüsse, vom Staat zu erhalten, wenn man mehr macht, als man müsste. Auf diese Reise möchte ich Sie, lieber Leser mitnehmen und Ihnen meine Erkenntnisse, meine Erfolge, aber auch meine Rückschläge auf diesem Weg mitteilen, so dass Sie hoffentlich davon profitieren können und das richtige Konzept für Ihr Haus finden oder einfach nur etwas mitnehmen, was einen kleinen Beitrag leistet zur Behebung unseres großen Problems Klimawandel, ohne dass es Sie in Ihrem Lebensstil oder Komfort groß einschränkt. Ich freue mich, wenn Sie mich auf meiner Reise ein Stück begleiten.

Was ist denn nun der Unterschied zwischen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit?

Energiesparen ist in den Köpfen der Menschen negativ besetzt. Wir leben im Schlaraffenland. Uns ging es noch nie so gut wie aktuell. Wir können in den Supermarkt gehen und an jedem Tag fast jedes Nahrungsmittel dieser Welt kaufen. Dies ist ein Privileg, was wir nicht zu schätzen wissen und was es in der „guten Alten Zeit“ nicht gab. Von diesem hohen Komfort jetzt Abstriche zu machen und sparsamer zu sein, also Verzicht zu üben, fällt uns sehr schwer. Aufgrund der Klimakatastrophe müssen wir aber feststellen, dass die Ressourcen unserer Erde endlich sind und wir damit sparsam umgehen müssen. Somit verbirgt sich hinter der Begriff Energiesparen vor allem der „Ökologische Aspekt“, nämlich etwas Gutes für die Umwelt zu tun.

Energieeffizienz dagegen ist nicht so negativ besetzt, wie das Wort „sparen“, sondern Effizienz ist etwas positiv. Hier kommt neben dem ökologischen Aspekt, nun auch der ökonomische, also wirtschaftliche Aspekt hinzu. Energieeffizient bedeutet, es muss nicht nur gut für die Umwelt sein, sondern es muss auch finanziell Sinn ergeben, es muss sich rechnen, es muss sich rentieren. Aus diesem Grund habe ich Jahre lang mit jedem Kunden in der Planung des Hauses eine Energieberatung gemacht und eine Wirtschaftlichkeitsanalyse der Maßnahmen gemacht. Also geschaut, ob sich die Maßnahme innerhalb der Lebensdauer des jeweiligen Produktes für den Kunden rentiert. In den letzten Jahren sind die Zuschüsse für eine energieeffiziente Bauweise ungefähr so stark gestiegen, wie die Baukosten. Es fing mit 5.000 € Zuschuss vor ca. zehn Jahren an und war bis zum Januar 2022 in der Spitze bei 37.500 € pro Wohneinheit. Dort hat es sich für fast jeden gelohnt, etwas mehr zu investieren, was größtenteils durch die Zuschüsse abgedeckt wurde und somit ein besseres, werthaltigeres und auch ökologischeres Haus zu erhalten.

Nachhaltigkeit ergänzt neben der Ökologie und Ökonomie noch den sozialen Aspekt. Soziales beinhaltet Themen wie Wohngesundheit, niemand möchte in einem Haus leben, das einen krank macht. Es hebt das ganze Thema von dem, was gut für einen Einzelnen ist, auf die Ebene: Was ist gut für die Gesellschaft? Die Betrachtung wird erweitert, haben wir uns gerade die Wirtschaftlichkeit eines Produktes, z.B. der Heizung mit einer Lebenserwartung von 20 Jahren angeschaut, schauen wir uns nun das ganze Haus mit einer Lebenserwartung von 80 bis 100 Jahren an. Leider aufgrund unserer DIN Normen werden nur die ersten 50 Jahre in den Berechnungen betrachtet, was ich persönlich für zu kurz halte. Unsere aktuellen massiven Häuser halten sicherlich 80 Jahre, wie es in der Wertermittlung der Immobilien auch gemacht wird, wahrscheinlich sogar 100 Jahre. Somit wird mit dem Begriff der Nachhaltigkeit der gesamte Lebenszyklus des Hauses betrachtet. Es wird aber auch neben dem einen Kriterium Energieeffizienz und davon abhängig die Wirtschaftlichkeit viele andere Kriterien betrachtet, wie die Barrierefreiheit, die Innenraumluftqualität, die Beratung, die Recyclingfähigkeit u.v.m.

Im ersten Moment hatte ich Angst, als ich gesehen habe, wie groß der Aufwand für all diese zusätzlichen Kriterien, 19 beim BAU-IRN und 31 bei der DGNB für ein Einfamilienhaus sind. Als ich diese aber intensiv durchgearbeitet hatte, habe ich festgestellt, dass wir 70–80 % von dem, was dort gefordert wird, eh schon bei jedem Haus, dass wir in der Vergangenheit gebaut haben, gemacht haben. Der bürokratische Aufwand, dies nicht nur zu behaupten, sondern auch konkret nachzuweisen, ist natürlich erheblich und typisch deutsch, gibt dem Kunden aber eine Sicherheit, dass diese Qualitätsstandards auch wirklich eingehalten werden.

Wer möchte nicht sicher wissen, dass er ein schadstoffarmes oder sogar schadstofffreies Haus hat und dort gesund wohnen kann?