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Baukosten

Was kostet aktuell ein Einfamilienhaus? Soll ich jetzt bauen oder lieber warten?

Auf der Lebens(t)räume Messe durfte ich auch in diesem Jahr wieder zwei Fachvorträge halten. Der erste Vortrag ging über das nachhaltige Bauen und der zweite über das Thema der Entwicklung der Baukosten, Zinsen, Zuschüsse und der Frage: Kann ich mir bei den aktuellen Rahmenbedingungen Wohnraum überhaupt noch leisten?

Die Baukosten sind in den letzten Jahren sehr stark gestiegen. Gründe hierfür sind die erheblich gestiegenen Energiekosten, ganz besonders noch einmal verstärkt durch den anhaltenden Krieg in der Ukraine. So konnte ich bei dem gleichen Thema vor einem Jahr den höchsten Anstieg der Baukosten seit 51 Jahren vermelden, mit über 12 % zum Vorjahresmonat. Leider wurde dieser Anstieg in diesem Sommer noch einmal übertroffen und im Mai 2022 stiegen die Preise um 17,6 % im Vergleich zum Vorjahresmonat laut dem Statistischen Bundesamt.

Schaut man sich die langfristige Preisentwicklung im Baugewerbe an und vergleicht diese mit der Inflation, stellt man fest, dass von 1990 bis 2015 inflationsbereinigt keine Steigerung der Kosten erfolgt ist!

Seit 2015 gehen aber alle Kosten durch die Decke. Die Neubauten sind von 2015 bis zum Jahr 2021 um insgesamt 40 % gestiegen. Die gebrauchten Immobilien im gleichen Zeitraum sogar um 57 % und die Grundstücke um insgesamt 87 %. Dies entspricht einer jährlichen Steigerung von knapp 6 % für Neubauten, ungefähr 8 % für gebrauchte Häuser und über 12 % für Grundstücke.

Aber was war im Jahr 2015 so besonders, dass seitdem die Preise so erheblich steigen?

Die Bevölkerung ist im Jahr 2015 erheblich gestiegen und der Bedarf an Wohnungen somit noch weiter gestiegen. Da aber die Produktion der Wohnungen nicht ebenso stark gestiegen ist, sondern immer noch ein erheblicher Nachholbedarf besteht, um überhaupt den Bestand zu decken, fehlen jedes Jahr mehr Wohnungen, um den Bedarf zu decken. Dieses Missverhältnis aus Angebot und Bedarf hat zu den Preisentwicklungen geführt. Unterstützt wurde dies von der Niedrigzinsphase, die seit 2015 bis zum Anfang dieses Jahres Bauwilligen einen zehnjährigen Immobilienkredit für ungefähr 1 % Zinsen möglich machte.

Es werden aktuell 400.000 Wohnungen benötigt, um den Bedarf in Deutschland zu decken. Gebaut wurden im Jahr 2021 aber nur 293.000 Wohnungen. Für das Jahr 2022 werden zwischen 250.000 und 300.000 Wohnungen vorhergesagt, die fertiggestellt werden.

Aufgrund der Kriegssituation ist die Bevölkerung in diesem Jahr erneut sprunghaft gewachsen und hat das erste Mal entgegen jeder Prognose die Zahl von mehr als 84 Millionen Menschen überschritten. Dies sind im ersten halben Jahr allein 840.000 zusätzliche Menschen, die eine Wohnung benötigen. Somit müsste in diesem Jahr eher die doppelte Zahl und somit 800.000 Wohnungen gebaut werden, um nur den Bestand und den Bedarf für den Zuzug zu decken.

Warum passiert dies nicht? Aufgrund des Fachkräftemangels!

Die Baukosten werden somit im nächsten Jahr nicht fallen, sondern weiter steigen. Wie stark sie steigen werden, hängt von drei Faktoren ab:

  • Entwicklung der Energiepreise und staatliche Regulierung von diesen.
  • Fachkräftemangel und Lohnentwicklung der Beschäftigten im Baugewerbe.
  • Zinsen und Zuschüsse für Wohnungen.

Der erste Punkt ist sehr schwer vorherzusagen und ist der Hauptkostentreiber der Materialpreise. Hier geht man aufgrund der angestoßenen staatlichen Maßnahmen von nur noch leicht steigenden Materialpreisen oder sogar stagnierenden Materialpreisen aus. Sollte in Kürze der Krieg zu Ende gehen und sich politisch in den Staaten, die aktuell Öl und Gas verkaufen, einiges verändern, müssten die Materialpreise sogar fallen. Dies wird aber leider nicht passieren, aufgrund des Fachkräftemangels und des stark steigenden Lohnniveaus.

Der Fachkräftemangel ist der größte Engpass des Baugewerbes und die größte Hürde, um erheblich mehr als 300.000 Wohnungen pro Jahr fertig zu stellen. Aufgrund des Fachkräftemangels und somit des sehr knappen „Guts“ der Handwerker, wird deren Preis, also Lohn, in den nächsten Jahren erheblich weiter steigen. Nur, wenn man diese gut bezahlt, bleiben sie in der Branche und suchen sich nicht eine vermeintlich „leichtere“ Arbeit, was das Problem noch weiter verstärken würde. Die aktuell sehr hohe Inflation von 10 % im September 2022 wird dies noch weiter verstärken. Somit gehe ich persönlich von einer Lohnerhöhung in mehreren Schritten von mindestens 5 bis zu 10 % im Jahr 2023 im Baugewerbe aus.

Zwischenfazit: Die Baukosten werden bei bestenfalls stagnierenden Materialpreisen und steigenden Löhnen weiter leicht steigen und nicht fallen!

Die Zinsen sind seit einem Jahr jedes Quartal um ca. 1 % gestiegen. Lag man im vierten Quartal 2021 noch bei 1 % Zinsen für zehn Jahre, stieg dies im ersten Quartal auf 2 %, im zweiten Quartal auf 3 % und überschritt Ende des dritten Quartals die 4 %. Dies führt dazu, dass die Nachfrage erheblich zurückgeht und die Bauunternehmen auf einen Teil Ihrer Marge von durchschnittlich 5 % in Deutschland verzichten werden. Dies drosselt aber nur etwas die Baukosten und führt in Summe zu der oben genannten Prognose von ca. 5 % Preissteigerung bei Bauen auf fremden Grund, also den klassischen Einfamilienhäusern und Doppelhäusern oder auch für die Herstellung von Mehrfamilienhäusern. Allerdings wurden im Bereich der Projektentwickler und Bauträger in den letzten Jahren auch zweistellige Margen von bis zu 20 % eingefahren. Hier ist mit einer Preisreduktion zu rechnen. Kann der Bauunternehmer bei 5 % Marge vielleicht 2–3 % abgeben, kann der Projektierer bei 20 % Marge sicherlich 15 % nachgeben und somit die 5 % Baukostensteigerung im nächsten Jahr vollständig kompensieren und bis zu 10 % Preisnachlass auf den jetzigen Preis geben. Hier zeigt sich aber natürlich auch, wer jetzt hohe Nachlässe geben kann, hat einen vorher über den Tisch gezogen. Fallende Preise im Bauträgergeschäft führen aber dazu, dass die Projektierer und Bauträger nicht mehr produzieren, da Ihnen das Risiko bei der geringen Marge zu groß wird. Dies sieht man jetzt schon am Markt, dass ganz viele Projekte storniert werden und somit das Angebot noch weiter reduziert wird, was wiederum zu steigenden Preisen führt. Man kann jetzt auf ein vermeintliches Schnäppchen in Form einer Eigentumswohnung warten, es kann aber auch sein, dass die gewünschte Wohnung im nächsten Jahr gar nicht mehr angeboten wird.

Wenn man alle drei Faktoren zusammenfasst, gehe ich von einer weiteren Kostensteigerung von ungefähr 5 % für das nächste Jahr bei Bauen auf fremden Grund aus, allerdings bei Eigentumswohnungen von leicht fallenden Preisen und kann somit die Eingangsfrage ganz klar beantworten:

Man sollte jetzt bauen und nicht auf bessere Zeiten warten!

Voraussetzung ist hierfür, dass man einen gewissen Teil an Eigenkapital zur Verfügung hat, da eine 100 % Finanzierung, wie in der Niedrigzinsphase der letzten Jahre häufig angefragt wurde, bei dem aktuellen Zinsniveau nur noch sehr selten funktioniert.

Abschließen möchte ich mit einer weiteren für viele verwundernden Aussage: Anfang des Jahres wurden zweimal die Fördermittel für Neubauten gestoppt und es gibt aktuell nur noch die Fördermittel für ein KFW Effizienzhaus 40 NH, also ein Effizienzhaus 40 mit einem Nachhaltigkeitszertifikat. Hier erhält man nur noch 120.000 € vergünstigtes Darlehen und 5 % Tilgungszuschuss. Dies waren in der Spitze 150.000 € Darlehen und 25 % Zuschuss für das Effizienzhaus 40+.

Wenn man nun aber den Zinsvorteil und den Tilgungszuschuss über 10 Jahre zusammenrechnet, liegt man beim aktuellen Zinsniveau, bei der höchsten Förderung für energieeffizientes Bauen, die wir jemals hatten!

Fazit

  • Es gab noch nie so viel Zuschuss, wie aktuell!
  • Nutzen Sie die Chance und bauen Sie jetzt und warten Sie nicht auf bessere Zeiten, denn diese werden nicht in Kürze kommen.

Habe ich Ihr Interesse geweckt? Dann lassen Sie uns über Nachhaltigkeit sprechen.

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